3 Besondere Tage im Jahr

Im Laufe des Jahres gibt es verschiedene Tage, die besonders herausfordernd für mich und andere Eltern, die ihr Kind verloren haben, sind. Es tut so gut, wenn andere Menschen diese Tage im Blick behalten...


Im zweiten Beitrag dieser Rubrik schrieb ich über die Bedeutung von Weggefährten im Trauerprozess. Ergänzen dazu möchte ich noch, dass es, neben dem Begleiten der Eltern, auch wichtig ist die Angehörigen, besonders die Großeltern ebenfalls in ihrem Trauerprozess zu begleiten.

 

In diesem Text möchte ich euch gerne in besonders heraufordernde Tage im Trauerprozess mit hineinnehmen. An diesen Tagen hat eine Begleitung, ein kleiner Gruß oder ähnliches nochmals eine ganz große und wertvolle Bedeutung. Tage, an denen der Verlust, das Vermissen nochmal stärker ist, als an anderen Tagen, weil diese emotional nochmal mehr verknüpft und verwoben sind mit dem Geschehenen.

 

Der ein oder andere Tag den ich benenne, ist vielleicht sehr einleuchtend und verständlich, aber vielleicht ist dir der ein oder andere Gedanke neu. Ich wünsche allen verwaisten Eltern Menschen an die Seite, die diese Tage im Blick haben und an diesen besonders herausfordernden Tagen die Eltern wissen lassen, dass sie nicht allein sind, dass jemand an sie denkt und mitfühlt. Auch hier gilt, weniger ist oft mehr und es Bedarf oft keinen großen Aufwand um zu unterstützen und am Leid der anderen mitzutragen, Liebe und Wertschätzung zu schenken.

 

Da ist natürlich der Geburts- und Todestag des Kindes. Bei uns ist es ein und derselbe, bei anderen Familien unterscheiden sich diese Tage aber auch. Erinnerungen an diesen Tag sind so vielfältig, teilweise so widersprüchlich und so präsent. Schmerzvoll aber auch besonders, da wir am 12.03.2021 das Glück erfahren haben unsere kleine  Tochter Johanna in den Händen zu halten. Erinnerungen an den Krankenwagen, das Krankenhaus, die Schmerzen, OP, Trauer, unendlicher Schmerz und gleichzeitig Dankbarkeit und Stolz, alles ist so tief eingeprägt in unser Herz. Die Bilder noch so real in meinem Kopf. Das Vermissen ist gerade an diesen Tagen besonders groß. Wir haben den ersten Jahrestag unserer kleinen Johanna noch vor uns und haben uns noch nicht ganz entschieden wie wir ihn verbringen werden. Aber von anderen weiß ich, dass manche diesen Tag als Geburtstag feiern, Kuchen backen, Luftballons aufhängen, zum Grab gehen, oder ähnliches. Da muss jeder seinen Weg finden. Und es geht dabei nicht nur um den ersten Geburts- und Todestag. Viele berichten davon, dass auch nach vielen Jahren dieser Tag weiterhin herausfordernd bleibt. Sowohl am 29.01.2021, sowie am 29.01.2022 musste ich viel an unser erstes Kind denken, der 29. wäre sein errechneter Geburtstermin gewesen. Ich dachte darüber nach, dass unser erstes Kind jetzt schon ein Jahr alt geworden wäre. Wie schön es wäre es bei uns zu haben und mit ihm zu leben und es aufwachsen zu sehen…

 

Muttertag, ein Tag über den ich sonst nicht so viel nachgedacht habe und mir war nicht bewusst was dieser Tag für mich bedeuten würde bis er da war. Wie oft habe ich auf der Arbeit mit Kindern schon Muttertagsgeschenke gebastelt. Die Werbung und Reklame ist im Mai voll von Muttertag.

Aber was ist wenn ich Mutter bin, aber kein Kind habe, das mir etwas schenken kann. Und dabei geht es nicht um das Geschenk an sich, sondern an die Würdigung, dass ich Mutter ist. Eine Bestätigung, dass ich Mutter bin. Ich bin Mama, aber im Alltag ist davon meist nicht viel zu spüren… Im März ist unsere kleine Johanna geboren und im Mai war Muttertag. Die Reklame zu sehen tat weh und ich wollte diesen Tag gar nicht. Aber ich durfte erfahren, dass andere uns und besonders mich an diesem Tag mitgetragen, ein Teil von meinem Schmerz und meiner Trauer mitgetragen haben. Indem sie eine kurze Nachricht schickten, in der sie schrieben, dass sie heute ganz besonders an mich denken. Besonders gut getan, ermutigt und gestärkt hat mich ein Blumenstrauß von Freunden der vor unserer Haustür lag mit einer Karte auf der einfach nur stand „für Mama Tabea“. Diese Karte ist sicher verwahrt in Johannas Erinnerungskiste.

 

Es sind oft die kleinen Dinge, die kleinen Gedanken und Gesten die unglaublich gut tun und durch die ich mich getragen gefühlt habe. Dadurch das mir jemand mitgeteilt hat, dass er an mich denkt, dass er meinen Schmerz sieht und mitfühlt. Meine Trauer, das Vermissen und meinen Schmerz hat das nicht ausgelöscht, aber es hat mich gestärkt, getröstet und mir geholfen und mir viel Wertschätzung entgegengebracht.

Wie ich das erste Weihnachten ohne Johanna erlebt habe, habe ich bereits in einem Text (Flucht an Weihnachten) aufgeschrieben, daher hier nur nochmal kurz. Feiertage sind oft Familientage, es finden Familienfeste oder ähnliches statt. Da fehlen uns unsere Kinder ganz besonders. Ebenso sind auch andere Familienfeiern, Hochzeiten, Geburtstage herausfordernde Tage für mich. Da sehr wichtige Teile meiner Familie nicht dabei sein können und ich mich unvollständig und manchmal fehl am Platz fühle.

 

Am 15. Oktober ist Tag der Sternenkinder, jedes Jahr. Um 19.00 Uhr Ortszeit stellen Menschen in Erinnerung an verstorbene Kinder Kerzen ins Fenster. Ebenso am zweiten Sonntag im Dezember. Am 15. Oktober 2021 schickte eine Freundin von uns ein Foto von mehreren Kerzen, vor einer der Kerzen stand ein Schild mit Johannas Namen darauf. Das hat mich so berührt. Unsere kleine Johanna ist nicht vergessen, auch von anderen nicht. Das bedeutet mir sehr viel.

 

Wie bei allem anderen gilt, dass jeder anders trauert und diese Tage anders empfindet. Ich schreibe euch einfach von mir und meinen Erfahrungen und ihr könnte sie entsprechend anpassen. Im Zweifelsfall fragt einfach die Betroffenen, wie sie diese Tage empfinden und wie es ihnen damit geht. Auch das empfinde ich immer wieder als wertvoll, weil es zeigt, dass sich andere Gedanken um uns machen und wir ihnen wichtig sind und sie an uns denken.


Tabea - 10. Februar 2021