2 Weggefährte sein

Der Trauerprozess ist ein langer, herausfordernder und Kraft kostender Weg.

Sei ein Weggefährte und Begleiter auf diesem schweren Weg.

 


Ich möchte dich gerne ermutigen ein Weggefährte für trauernde Eltern zu sein. Nicht aufdringlich oder bestimmend wie der Weg zu laufen ist, sondern begleitend, unterstützend und rückendeckend.

 

Der Trauerprozess nach dem Verlust eines Kindes ist hart, sehr hart. Ich bin so froh, dass wir nie alleine waren. Ich weiß nicht wie wir es geschafft hätten, ohne diese ganze Unterstützung die wir bekommen haben. Ganz praktische (dazu werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch mehr schreiben) aber auch emotionale Unterstützung.

 

Hab Ausdauer. Der Trauerprozess ist nicht nach ein paar Wochen vorbei. Es dauert Zeit. Bei jedem anders, aber es dauert. Bleib dran. Auch nach ein paar Monaten, auch vielleicht nach ein paar Jahren. Denn auch wenn es insgesamt mit der Zeit besser wird, wir die Trauer und den Verlust unserer Kinder lernen in unser Leben zu integrieren ohne, dass es uns zerstört. Gibt es weiter Tage und Zeiten in denen es schwer ist. Daher lass dich gebrauchen und begleite die Eltern über diesen langen Zeitraum hin weg.

 

Nachrichten, Briefe, ein kleines „Ich-denk-an-dich“, etc. Es muss oft nichts großes sein. Denke an besondere Tage im Jahr (auch dazu werde ich in nächster Zeit noch etwas schreiben). Kleine Aufmerksamkeiten, die zeigen: „Du/Ihr seid nicht allein, wir/ich denke an dich und sind für euch da wenn ihr das braucht“.

 

Auch wenn du vielleicht denkst, so gut kenne ich die Person ja gar nicht oder wir haben eigentlich schon lange keinen Kontakt mehr, gib dir einen Ruck und lass die Person wissen, dass dich ihre Geschichte bewegt und du an sie denkst. Ich weiß wie gut mir die Nachrichten getan haben, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet habe. Leute aus der Ausbildung oder der Studienzeit, mit denen ich eigentlich schon länger keinen Kontakt mehr hatte. Aktuelle und ehemalige Arbeitskollegen.  Wie gut mir das tut wenn Jonas nach Hause kommt und mir erzählt, dass auf seiner Arbeit wieder jemand nach mir gefragt hat. Die kennen mich kaum, sie wissen vielleicht wie mein Kuchen schmeckt und haben mich mal auf dem Sommerfest gesehen, aber wirklich kennen tun sie mich nicht und es bedeutet mir daher sehr viel, wenn sie trotzdem Interesse zeigen und anteilnehmen an unserem Leben und unserer Trauer. Auch Nachrichten von Menschen, die ich wirklich gar nicht kenne, die über Dritte von uns erfahren haben, haben mir gut getan.

 

So wurde und wird unser Verlust von vielen vielen Menschen mitgetragen und dadurch fühle ich mich so getragen, ermutigt und gestärkt. Das ist so wertvoll. Es macht es nicht ungeschehen und die Trauer verschwindet nicht einfach, aber dennoch hilft es.

 

Und dabei geht es nicht um lange ausgeschmückte Texte, irgendwelche therapeutischen Ratschläge oder die „perfekt passenden“ Worte im Gegenteil ... Oft ist weniger mehr. Es sind wirklich die kleinen Fragen, die kurzen Nachrichten und kleinen Aufmerksamkeiten. Ein einfaches: „Wir denken an euch“ ist oft ein riesen Geschenk für mich gewesen und ist es noch und kostet den Absender so wenig. Sei mutig und werde aktiv, du kannst damit ein wichtiger und wertvoller Begleiter in einer sehr schweren Zeit sein und das Leid der Betroffenen mittragen und sie so unterstützen.

Manchmal haben mir Texte, in denen jemand schrieb: "Ich weiß nicht was ich sagen soll, ich kann mir kaum vorstellen wie es euch geht, aber ich denke an euch", mehr geholfen als der Versuch tröstende Worte und Sprüche zu schicken.

 

Sei nicht enttäuscht wenn du nicht sofort eine Rückmeldung auf deine Nachrichten und Fragen bekommst, gerade am Anfang. Hör trotzdem nicht auf (außer es bittet dich jemand darum). Manchmal hab ich einige Tage gebraucht um Nachrichten zu beantworten. Aber es hat mir dennoch geholfen welche zu bekommen.

 

Ich bin so dankbar, dass wir eine ganze Armee Menschen um uns haben, die an uns denken, für uns beten und mit uns fühlen und uns das auch wissen lassen. Wie wertvoll das ist, wird sicherlich jeder bestätigen können, der einmal durch eine herausfordernde Zeit gegangen ist.


Tabea - 10. Februar 2022